Große Maschinen und große Potenziale – Im Gespräch mit zwei Azubis der Bau- und Landmaschinenmechatronik
Unsere Beraterin Julia Schmidt besucht das Düsseldorfer Kleinunternehmen 360° Fördertechnik, welches sie seit fast 2 Jahren bei der Suche nach geeignetem Personal begleitet. Sie wollte gerne mit eigenen Augen sehen, wie es dem Geschäftsführer und den beiden neuen Azubis geht, die durch die Unterstützung des T-Shirt meets Tie – Teams gewonnen werden konnten.
Heute besuche ich die Werkstatt von Moritz Gross. Er ist Gründer und Geschäftsführer von 360° Fördertechnik und schon so etwas wie ein alter Bekannter von mir geworden. Auf mein „Wie geht’s?“ entgegnet er strahlend: „Viel zu tun“.
Das habe ich schon häufiger von ihm gehört. Neu an der Situation ist allerdings, dass er nun Verstärkung für diese vielen Aufträge dazugewonnen hat. Als ich vor fast zwei Jahren zum ersten Mal das junge Unternehmen in Düsseldorf Flingern besuchte, erzählte mir Moritz von seinen Schwierigkeiten, jungen Nachwuchs für seine Werkstatt zu finden. „Meine besten Handwerker gehen bald in Rente, und damit ist die Existenz dieses Betriebes gefährdet.“. Eine Ausgangslage, die auch andere Handwerksbetriebe angesichts des Fachkräftemangels akut beschäftigt.
Wir überlegten gemeinsam und entschieden uns die Herausforderung zu lösen, indem Moritz selbst Nachwuchs ausbildete. Dazu musste er erst einmal formell Ausbilder werden. Das war keine große Hürde für ihn. Danach wurden zielgruppengerechte Stellenanzeigen großflächig gestreut. Es kamen einige Bewerbungen auf die Ausbildungsstelle rein. Doch wie wählt man einen Azubi passend zu seiner Organisationskultur aus? Mit einem vorgeschalteten Praktikum konnte die Passung zwischen Bewerber und Stammpersonal ausgekundschaftet werden. Viele Gespräche zwischen Moritz und mir liefen parallel, bei denen die Stärken und Schwächen von Bewerbern und die Passgenauigkeit zum Unternehmen analysiert wurden. Ein langwieriger Prozess mit Erfolg. Es hat Klick gemacht. Nicht einmal, sondern ganze zwei Mal!
Als mich Moritz in die Lagerhalle mit den riesigen Maschinen führt, erwarten mich dort schon die beiden neuen Azubis Erik und Ismaila. Die zwei sind erst wenige Wochen in dem Betrieb, scheinen sich zwischen den beeindruckenden Maschinen und Technikvorrichtungen aber schon wie zu Hause zu fühlen. Und sie sind genauso entspannt und unkonventionell, wie das junge Unternehmen selbst, stelle ich bei einem Gespräch mit ihnen am Ende meines Besuchs fest.
Erik ist durch die Stellenanzeige des Betriebs auf der Seite der IHK auf das Unternehmen aufmerksam geworden. Eigentlich hatte er schon einen Bachelorabschluss in Chemie in der Tasche. Während seines Masters wurde ihm aber immer mehr bewusst, dass ihm die Praxis fehlte. „Und das gefällt mir hier so,“ erzählt er, „Wenn ich irgendwann merke, dass ich doch lieber im Büro arbeiten will, kann ich meinen Meister machen. Und wenn nicht, dann bleibe ich einfach Geselle oder gehe mit auf Montage. Ich habe jetzt die Möglichkeit das Beste aus beiden Welten mitzunehmen und für mich zu kombinieren.“ Diesen Freiraum für individuelle Entwicklung schätzt er. „Ich mag es, dass ich in so unterschiedlichen Arbeitsbereichen arbeite. Mal geht es um komplexe Elektronik, mal um große Motoren. Es ist nie monoton und dadurch, dass das Unternehmen so klein ist, kann ich in meinem Tempo lernen. In größeren Unternehmen wäre der Lehrplan sicher viel stärker vorgegeben: zwei Monate den Umgang mit diesen Werkzeugen lernen, dann die nächsten. Hier kriege ich die Aufgaben, an denen ich wirklich wachsen kann. Ich fange schließlich nicht bei null an, beispielsweise habe ich bereits einen LKW-Führerschein. Und das kann ich hier einbringen.“
Zudem hat Erik seine Ausbildung verkürzt. Durch sein Alter und seinen Hochschulabschluss entfällt für ihn nämlich die Berufsschulpflicht. Lediglich um die Abschlussprüfung abzulegen, muss er seinen Fuß in eine Schule setzen. Manchmal wünschte er sich jedoch eine Ansprechperson, beispielweise einen Lehrer, dem er bei Fragen zum Stoff kurz eine Mail schicken kann. Um den Kontakt zur Berufsschule nicht ganz zu verlieren, und auch um den Stoff zu festigen, macht er mit Ismila ein Lerntandem. „Es ist wie eine Art Symbiose,“ meint er, „Ismaila ist noch nicht so lange in Deutschland und das Lernen auf Deutsch fällt ihm darum manchmal noch schwer. In einer Klasse mit 25 Schülerinnen und Schülern kann man nicht immer sicher sein, dass Ismaila den Stoff richtig versteht. Darum setzen wir uns ein Mal pro Woche zusammen und arbeiten gemeinsam den Unterricht nach.“
Genau wie Erik, hat auch Ismaila vor seinem Ausbildungsstart ein kurzes Praktikum bei 360° Fördertechnik gemacht, damit sich beide Seiten erst kennen lernen konnten, bevor ein Ausbildungsvertrag geschlossen wurde. „Eine Bekannte, sie ist wie eine Stiefmutter für mich, hat mir den Kontakt zu Moritz vermittelt. Ich habe mich dann beworben und habe in der Woche Praktikum schnell gemerkt, dass mir die Arbeit viel Spaß macht. Ich habe davor schon viele Praktika gemacht, zum Beispiel in der Pflege oder in der Gastronomie. Hier hat es mir aber gleich viel besser gefallen.“ Der 22-Jährige, der in seinem Herkunftsland Gambia nur drei Jahre eine Schule besucht hat, geht nun zwei Mal in der Woche zur Berufsschule und arbeitet drei Tage im Betrieb. So kann er die Arbeit des Bau- und Landmaschinenmechatronikers von der Pike auf lernen. Und er ist hochmotiviert: „Ich will einfach zeigen, dass ich das kann. Ich möchte mein Bestes geben.“ Dabei spielt das Betriebsklima eine große Rolle: „Die Mitarbeiter sind sehr nett, alle sind sehr hilfsbereit und auch Moritz, mein Ausbilder, ist offen und kann sehr gut erklären.“
So einig, wie die beiden sich bei der Frage nach ihrem Ausbilder sind, so unterschiedlich fallen ihre Antworten auf unsere obligatorische Abschlussfrage aus: Könnt ihr euch eher mit dem T-Shirt oder mit der Krawatte – Tie – identifizieren?
„T-Shirt,“ antwortet Erik nach kurzem Überlegen, „ich bin zwar schon auch ein Anzug-Typ, zumindest hat man mir gesagt, dass ich im Anzug viel her mache. Aber das bin ich halt nicht. Ich laufe viel lieber am Wochenende im Baufällerhemd durch den Wald.“ Bei Ismaila ist die Entscheidung auch klar: „Oh, Krawatte!“, meint er lachend. „Das finde ich einfach schöner. Auch wenn ich schon lange keine Krawatte mehr getragen habe. Sie passt zu mir.“
Mit diesen Antworten im Gepäck verabschiede ich mich von Ismaila, Erik und Moritz. Und mit dem guten Gefühl, dass sich wieder bestätigt hat, wie gut T-Shirt und Tie zusammenpassen.
Wir freuen uns sehr, dass wir zusammen mit Herrn Gross zwei Ausbildungsplätze für Düsseldorf besetzen konnten. Wenn Sie auch Interesse daran haben, an dem Förderprogramm des Bundesbildungsministeriums teilzunehmen, schreibe Sie uns gerne!